Steirisches Vulkanland - Archäologie

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der SO-Steiermark

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  12 Hügelgräberfeld Kapfenstein-Kölldorf
(Ortsgemeinde Kapfenstein, Katastralgemeinde Kölldorf)
     

Öffnungszeiten:
Das Hügelgräberfeld Kapfenstein-Kölldorf kann ganzjährig besichtigt werden

Kontakt, Anfragen:


Anfahrt:
Von Graz auf der A2 (Südautobahn) bis zur Ausfahrt Gleisdorf-Süd und weiter dem Raabtal folgend bis Feldbach (auf der B 68) bzw. Fehring (auf der B 57). Von dort nach Süden auf der L 204 bis Kapfenstein und weiter, über das (südliche) Ortsende hinaus, nach ca. 700 m nach links Richtung Neuhaus am Klausenbach (bzw. Kalch und Neustift) abbiegen, wo, nach weiteren ca. 800 m, links bei einem Feldweg im Wald das Gräberfeld liegt.


GPS-Koordinaten:
N 46.87232 –
E 15.97963

So finden Sie
das Hügelgräberfeld

Östlich von Bad Gleichenberg, im Grabenland des oststeirischen Hügellandes, liegt auf einem südlichen Ausläufer des Kapfensteiner Kogels das bereits seit dem späten 19. Jahrhundert in der wissenschaftlichen Literatur bekannte Gräberfeld von Kapfenstein-Kölldorf. Da es durch Raubgrabungen gefährdet war, entschloss man sich bereits in den 50er, 60er und 70er Jahren des 20. Jahrhunderts zu zahlreichen Grabungskampagnen, die den Nachweis erbrachten, dass es sich hier um eines der größten norisch-pannonischen, also römerzeitlichen Hügelgräberfelder Österreichs handelt! (Die ursprünglich genannte Zahl von 127 Grabhügeln wurde in der abschließenden, 1984 erschienenen Publikation O. H. Urbans allerdings auf 79 korrigiert.) Neben den römerzeitlichen Grabhügeln, von denen mehr als zwei Drittel ergraben werden konnten – womit das Gräberfeld gewiss zu den besterforschten seiner Art zählt – wurden auch einige spätneolithische und hallstattzeitliche Siedlungs- und Grabfunde geborgen. Siedlungsfunde der Römerzeit, die zu diesem ausgedehnten Gräberfeld gehören könnten, wurden bisher jedoch noch nicht entdeckt.
Das Gräberfeld, das sich auf einer Länge von ca. 300 m und einer Breite von ca. 110 m auf einem durch zahlreiche Gräben durchfurchten Südhang erstreckt, reicht vom Hangfuß bis etwa zur halben Hanghöhe. Alle wesentlichen Formen von Grabbauten in norisch-pannonischen Hügelgräbern ließen sich nachweisen: Von einfachen Brandfflächen- und Brandgrubengräbern, also Grabhügeln ohne Steineinbauten, über Brandgrubengräber mit Steinabdeckungen und Steinumstellungen (Steinkränze, etc.) bis hin zu Steinkistengräbern und Gräbern mit aufwendig gemauerten rechteckigen Grabkammern samt Dromos. In einem Fall wurde eine runde Grabkammer angetroffen, in einem anderen Hügel gelang der Nachweis von Holzeinbauten (vermutlich einer Verschalung). Auffallend ist, dass die Mehrzahl aller Hügelgräber in Kapfenstein Steineinbauten besitzt (37 von 52 untersuchten Tumuli), was bei weitem nicht immer für norisch-pannonische Hügelgräberfelder gilt. Die am öftesten vorkommenden Steineinbauten sind Steinkistengräber (in 8 Hügeln) und Mauerkammern mit Dromos (in 14 Grabhügeln, also etwa einem Viertel aller bislang freigelegten Tumuli), wobei sich diese Einbauten – wie zu erwarten – zumeist in den größeren Grabhügeln befanden. Die gemauerten Grabkammern besitzen in der Regel rechteckige Form, aufgeführt sind sie aus gemörtelten Bruchsteinen, die Abdeckung erfolgt durch ein Tonnengewölbe. In zwei der Hügel (53 und 54) weist der Innenverputz der Grabkammer sogar Reste einer rötlichen Bemalung auf ...
Als Bestattungsform ist die Brandbestattung vorherrschend, wobei der Leichenbrand zumeist ohne weiteren Schutz beigesetzt wurde, selten auch in Urnen bzw. Glasossuarien. Als Ausnahme zu werten sind zwei in norisch-pannonischen Hügelgräbern sonst nicht bekannte Körperbestattungen (aus Hügel 20, wo zwei Kinder unverbrannt in Hockerlage innerhalb der Steinkiste bestattet wurden).
Neben den Grabeinbauten und Bestattungen ist die Art der Trachtbestandteile (Fibeln, Fingerringe und Perlen) und der Grabbeigaben (Gefäße, Münzen, Nägel, Speisereste) von besonderem Interesse. (Bei den Beigaben sind wiederum mitverbrannte, mitbestattete und nachgegebene Gegenstände zu unterscheiden.) Den relativ einfachen Trachtbestandteilen, vor allem den Fibeln nach (Gürtelgarnituren fehlen erstaunlicherweise völlig!), kann der zeitliche Rahmen des Gräberfeldes einigermaßen genau eingegrenzt werden: Die ältesten Fibeln stammen noch aus dem 2. Viertel des 1. Jahrhunderts, während die jüngsten bis ins 3. nachchristliche Jahrhundert hinein reichen. Den Großteil der Beigaben bilden Keramikgefäße, die unterschiedlich häufig in den Grabhügeln auftreten, wobei hier weniger die Menge als die Qualität der Beigaben (Terra sigillata und Glasgefäße sind eher selten) Rückschlüsse über die wirtschaftlichen Verhältnisse der Bestatteten erlauben. Insgesamt 13 Münzen (aus 8 von insgesamt 52 untersuchten Grabhügeln), die allesamt – bis auf eine (As des Kaisers Domitian) – ins 2. Jahrhundert n. Chr. datieren (Kaiser Traian bis Marc Aurel), zeugen von der Sitte, den Verstorbenen das sog. ‚Charonsgeld’ für die Reise ins Jenseits mitzugeben. In etwa einem Drittel aller untersuchten Grabhügel (16 von 52) fanden sich zudem Reste von Speisebeigaben von Haustieren, in erster Linie von Huhn und Schwein, seltener von Rind, Ziege und Schaf.
Insgesamt kann man von einer durchschnittlichen Anzahl von etwa drei Bestattungen pro Grabhügel ausgehen. So wurden etwa in dem vorhin erwähnten Dromosgrab Nr. 53 nur zwei, im Dromosgrab Nr. 54 aber vier Individuen beigesetzt (wobei hier in beiden Fällen die Grabkammer jeweils in eine Vor- und Hauptkammer geteilt ist). Den anthropologischen Bestimmungen nach dürften in zwei Fünfteln der Grabhügel Familien bzw. Ehepaare, in weiteren zwei Fünfteln Einzelpersonen und im restlichen Fünftel ein Erwachsener mit Kind(ern) bestattet worden sein. Das Durchschnittsalter der männlichen und weiblichen Personen liegt bei etwa 27,5 Jahren, wobei auch eine sehr hohe Kindersterblichkeit (von etwa 25%) vorliegt. Die Sterblichkeitsrate der Frauen steigt bei einem Alter von etwa 20-30 Jahren deutlich an (Kindbettfieber!), während die Sterblichkeitskurve der Männer um 20-35 Jahre nicht ansteigt, was auf fehlende Kriegs- bzw. Kampfeinwirkung, also auf relativ ruhige und friedliche Zeiten schließen lässt ...


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