Steirisches Vulkanland - Archäologie

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  04 Hügelgräberfeld ‚Berndorf-Urlas’
(Orts- und Katastralgemeinde Kirchberg an der Raab)
     

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Am südöstlichen Ortsende von Kirchberg an der Raab, direkt anschließend an den Kirchberger Ortsfriedhof, liegt links neben der Landesstraße Richtung Feldbach in einem kleinen Wäldchen, dem sog. ‚Urlas-Wald’, das Hügelgräberfeld ‚Berndorf-Urlas’ (großer Parkplatz über der Straße beim Friedhof).


GPS-Koordinaten:
N 46.982717 –
E 15.772533

So finden Sie
das Hügelgräberfeld

Ein großer, einst im Gartentrakt unterhalb des Barockschlosses von Kirchberg an der Raab aufragender (wohl hallstattzeitlicher) Grabhügel wurde bereits in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts weitgehend abgetragen, da er offensichtlich dem Gestaltungswillen der herrschaftlichen Gartenbesitzer im Wege stand. Dies ist umso bedauerlicher, als damals bei den Planierungsarbeiten (wie einer handschriftlichen Fundmeldung zu entnehmen ist) ein kleiner bronzener Wagen zu Tage trat! Ob es sich dabei um einen ‚Kultwagen’ handelte (vergleichbar etwa dem berühmten Strettweger Exemplar, auch an den freilich weit weniger prominenten und nur fragmentarisch erhaltenen ‚Radkersburger Kultwagen’ wäre zu denken), muss dahingestellt bleiben, da der (hypothetische) ‚Kultwagen von Kirchberg’ nach seinem kurzfristigen Auftauchen seither leider verschwunden ist. Auch von dem Grabhügel selbst, dessen Reste bis 1865 noch im Gelände unterhalb des Kirchberger Schlosses auszumachen gewesen sein sollen, ist heute nichts mehr zu sehen. Dafür lassen sich in den Wäldern rund um Kirchberg noch etliche Hügelgräberfelder nachweisen, was bei der verkehrstechnisch günstigen Lage Kirchbergs – an einer wichtigen, seit alters her von Nordwesten nach Südosten durch das Raabtal führenden Verbindungsstraße – freilich auch nicht weiter verwunderlich ist.
Das seit 1992 unter Denkmalschutz stehende Hügelgräberfeld in der Flur Berndorf-Urlas befindet sich am südöstlichen Ortsende von Kirchberg, im Anschluss an den heutigen Ortsfriedhof, und zwar im sog. ‚Urlas-Wald’, auf dem sanft ins Raabtal abfallenden Südosthang des langgestreckten Kirchberger Hügelzuges. Im Süden wird das Gräberfeld von der Landesstraße Richtung Feldbach begrenzt, im Südosten vom sog. ‚Durchlass’, einem Geländeeinschnitt, durch den heute die Straße ins Raabtal führt. Das Gräberfeld besteht aus zumindest sieben, vermutlich aber acht Grabhügeln von unterschiedlicher Größe, die in zwei annähernd von NW nach SO orientierten Gruppen zu je vier Hügeln angeordnet sind. Die beiden nordwestlichen Hügel (Nr. 1 und 2) weisen recht beachtliche Größen auf: Hügel 1 ist rund 8 m hoch und hat einen Durchmesser von ca. 30 m (wobei seine gesamte Nordkante durch eine Erweiterung des anschließenden Friedhofes freilich bereits abgetragen wurde!), Hügel 2 ist ca. 5 m hoch, bei einem Durchmesser von ca. 27 m. Der drittgrößte, ebenfalls gut erkennbare Hügel 4 (der südlichste der Westgruppe) erreicht noch eine Höhe von ca. 2 m, bei einem Durchmesser von rund 15 m. Kaum mehr im Gelände auszumachen sind hingegen die restlichen vier (bzw. fünf) Hügel (Nr. 3, 5 - 8) da sie durch tief eingegrabene Alt- bzw. Hohlwege angeschnitten und dadurch stark in ihrem Aussehen verändert wurden.
Im Rahmen zweier Grabungskampagnen der Jahre 2005 und 2007 (Grabungsleitung Georg Tiefengraber) wurden zwei der Hügel (Nr. 2 und 5) archäologisch untersucht, wobei freilich keine vollständige Ergrabung der Tumuli beabsichtigt war. Vielmehr sollten durch Sondierungen – bei weitgehender Erhaltung der Bodendenkmale – lediglich die (durch ‚Altgrabungen’) bereits bestehenden rezenten Störungen gerade soweit erweitert werden, um herauszufinden, wann und zu welchem Zweck die z. T. monumentalen Hügel errichtet worden waren. Wie sich bald herausstellte, war der (im Herbst 2005 untersuchte) zweitgrößte Hügel (Nr. 2), der das umliegende Terrain um mehr als 5 m überragt, nur in seinem obersten Bereich (in einer Höhe von ca. 1,3 m) künstlich aufgeschüttet, während die Hügelbasis aus einer natürlichen (freilich überarbeiteten) Geländeformation bestand. Den Funden hallstattzeitlicher Keramikfragmente (Kegelhalsgefäß, profilierte Schalen) nach zu schließen, handelt es sich um einen Grabhügel des 7. Jahrhunderts v. Chr.
Der zweite, im Frühjahr 2007 untersuchte Grabhügel Nr. 5 zeigte insofern einen überraschenden Befund, als es sich hier eigentlich um zwei Grabhügel in einem handelt: Über einem älteren, kleineren Grabhügel der Hallstattzeit des 8. - 6. vorchristlichen Jahrhunderts war nämlich im 2. Jahrhundert n. Chr. – also beinahe 1.000 Jahre später – ein römerzeitlicher Grabhügel aufgeschüttet worden! Der nur etwa einen halben Meter hohe und einen Durchmesser von rund 5 m aufweisende hallstattzeitliche Grabhügel war (ähnlich wie der 2005 untersuchte wesentlich größere Grabhügel 2) aus einer natürlichen Geländeerhebung herausgearbeitet worden. Wie bei der Grabungskampagne 2005 wurde auch diesmal auf eine Freilegung der zentralen hallstattzeitlichen Bestattung verzichtet, einige wenige charakteristische Keramikfunde aus der ältesten Hügelaufschüttung erlauben jedoch eine Datierung in die (fortgeschrittene) Hallstattzeit. Fast ein Jahrtausend später wurde der hallstattzeitliche Friedhof, wie gesagt, erneut als Bestattungsplatz genutzt: Dies wird durch einen an der Südseite des kleinen hallstattzeitlichen Grabhügels angelegten Verbrennungsplatz und eine oval-rechteckige Grabgrube, in die man den (nach der Verbrennung auf dem Scheiterhaufen) aufgesammelten Leichenbrand deponierte, belegt. Dem Fundmaterial nach, insbesonders der stark zerscherbten Gefäßkeramik (die der Ausgräber weniger als Grabbeigaben, sondern als Geschirr, das bei den Bestattungsfeierlichkeiten in Verwendung stand, interpretieren möchte), datiert der über dem hallstattzeitlichen Tumulus errichtete römische Grabhügel ins 2. Jahrhundert n. Chr. Allem Anschein nach diente der Grabhügel 5 als Begräbnisstätte einer ganzen Familie bzw. einer Sippe, wie ein zweiter Verbrennungsplatz sowie mehrere Hügelaufschüttungsschichten vermuten lassen, die wohl mit weiteren Bestattungen bzw. Nachbestattungen in Zusammenhang stehen. Diese Praxis, in ein und demselben Grabhügel mehrere Bestattungen einzurichten, ist durchaus nichts Ungewöhnliches – man denke etwa nur an Hügel 41 des Hügelgräberfeldes am Nordhang des Saazkogels bei Paldau (mit insgesamt sieben Bestattungen in drei Bestattungsphasen) oder an Hügel 22 des Gräberfeldes im Grössinger Tanner bei Tieschen (mit wahrscheinlich zumindest acht Gräbern)! Die eben erwähnten Vergleichsbeispiele stammen freilich aus ausgesprochen großen Hügelgräberfeldern, bei denen es sich wohl um Friedhöfe dorfartiger Siedlungen, sog. vici, handelte. Mit Hügel 5 des doch relativ kleinen Gräberfeldes Berndorf-Urlas ist nun allerdings der Nachweis erbracht, das es derartige Bestattungssitten auch in Friedhöfen kleinerer Siedlungen bzw. von Villen oder Gutshöfen gab.
Fragt man nun noch nach der Lage dieser zugehörigen Ansiedlung, so dürfte diese wohl unmittelbar östlich des Urlas-Waldes zu suchen sein. Das lassen Luftbilder (vom Juli 2007) vermuten, auf denen sich Gebäude- und Mauerstrukturen durch dunkleren Bewuchs schwach im Gelände abzeichnen, wobei von hier auch geringes, dafür aber eindeutig römerzeitliches Fundmaterial vorliegt. Interessant sind in diesem Zusammenhang auch die Aufzeichnungen des Kirchberger Pfarrers Anton Meixner vom Ende des 19. Jahrhunderts, aus welchen hervorgeht, dass sich auch auf den unweit südlich gelegenen einstigen Pfarräckern römerzeitliche Gebäude befanden ...
Ob es sich hierbei um Reste einer Villa, eines Gutshofes oder einer kleineren Siedlung handelte, lässt sich nach heutigem Wissenstand freilich nicht entscheiden. Fest steht allerdings, dass die einstigen Bewohner dieser Ansiedlung ihre Toten in einem Areal bestatteten, das bereits fast tausend Jahre zuvor als Friedhof genutzt worden war. Ob hier eine bewusste ‚Bestattungs-Kontinuität’ vorliegt und man pietätvoll eine Art ‚Area sacra’ respektierte bzw. weiterverwendete (indem man etwa die beiden monumentalen Grabhügel 1 und 2 als ‚Ahnen-’ oder gar ‚Heroengräber’ ansah und in den eigenen Familien- bzw. Sippenfriedhof integrierte) mag dahin gestellt bleiben. Vielleicht ist dieses Neben- und sogar Übereinander von hallstatt- und römerzeitlichen Gräbern aber auch nur auf eine einfache pragmatische Platzlösung zurückzuführen, indem man einen vor langer Zeit einmal bestehenden Friedhof – in seiner aufgrund der topographischen Gegebenheiten sonst kaum nutzbaren Lage – einfach nur von neuem belegte und so (vielleicht gar nicht einmal so sehr bewusst!) in seiner Tradition fortsetzte ...


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