Steirisches Vulkanland - Archäologie

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der SO-Steiermark

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  10 ‚Heiliger Bezirk’ am Königsberg in Brunn bei Fehring
(Ortsgemeinde Johnsdorf-Brunn, Katastralgemeinde Johnsdorf)
     

Öffnungszeiten:
Der 'Heilige Bezirk' am Königsberg in Brunn bei Fehring kann ganzjährig besichtigt werden

Kontakt, Anfragen:

Anfahrt:
Von Fehring in nördlicher Richtung bis Brunn (über Raab und Bahngeleise). Dort bei der Kreuzung zuerst nach rechts in Richtung Fürstenfeld und dann bald darauf (beim Gasthaus Scheiner) nach links abbiegen. Der Tafel ‚Römerstein’ bzw. ‚Familien Erlebnis Pfad’ folgend ca. 300 m steil und kurvig bergan.


GPS-Koordinaten:
N 46.954567 –
E 16.012133

So finden Sie
die Fundstätte

Auf dem ins Raabtal, in Richtung Fehring hinab schauenden Königsberg in Brunn bei Fehring förderte bei Rodungsarbeiten nach einem schweren Unwetter der Bauer Karl Payerl im Frühjahr 1937 einen behauenen Basalttuffstein mit lateinischer Inschrift zutage. Unmittelbar nach seiner Auffindung wurde der gut 1 m hohe Steinblock aber arg in Mitleidenschaft gezogen, da man ihn – in der absurden Hoffnung, in seinem Inneren Schätze zu finden (!) – kurzerhand zerschlagen hatte. Der wahre Wert des Steins lag freilich nicht in seinem Inneren verborgen, sondern in seiner Funktion als wichtiges Zeugnis für die Besiedlung des unteren Raabtals bzw. für die religiösen Bräuche seiner (romanisierten keltischen) Bewohner: Wie die Inschrift verrät, handelt es sich hier nämlich um einen Weihealtar für den obersten Reichsgott der Römer, Iupiter Optimus Maximus (abgekürzt ‚I O M’), der hier außerdem noch den Beinamen ‚UXLEMITANUS’ trägt. Dieser Name aber ist für einen einheimischen, auf Anhöhen verehrten Blitz- und Wettergott überliefert, der im Zuge der interpretatio Romana mit Iupiter gleichgesetzt wurde. Erich Hudeczek schreibt dazu 2004 (in seinem Führer durch das Lapidarium des Landesmuseums Joanneum beim Schloss Eggenberg in Graz, wo der – mittlerweile freilich wieder zusammengesetzte und restaurierte – Altar heute ausgestellt ist): „Diese Gleichsetzung ist in diesem Fall leicht verständlich, da sowohl bei den Griechen (der blitzeschleudernde und donnergrollende Zeus) wie bei den Römern (Iupiter optimus maximus), aber auch bei anderen Völkern der oberste der Götter auch der Wettergott war, auf einem hohen Berg zu Hause und dementsprechend häufig in Höhenheiligtümern verehrt. Bei den Kelten hieß dieser Gott Uxellimus oder Uxlemitanus, die Römer nannten diesen keltischen Gott auch öfters einfach übersetzt Culminalis und verglichen ihn wegen der Ähnlichkeit der Funktionen durch die interpretatio Romana mit ihrem I(upiter) O(ptimus) M(aximus).“
Errichten ließ den Altar, wie die eher unregelmäßige (und nicht besonders kunstvoll eingemeißelte) Inschrift weiters verrät, ein gewisser Aurelius Celsinus in Erfüllung eines Gelübdes, das er gerne, freudig und nach Gebühr einlöste (so am Ende der Inschrift nach dem bekannten Kürzel ‚V S L L M’, also: ‚votum solvit libens laetus merito’). Und zwar für seinen Sohn Marcus Aurelius Celsinus, der als Soldat bei der 14. Legion, die die Beinamen ‚Gemina Martia Victrix’ trug, seinen Dienst versah. Diese Legion hatte ihr Standquartier seit Beginn des 2. Jahrhunderts n. Chr. an der Donau in Carnuntum, ihre Ehrennamen ‚die Siegreiche’ bzw. ‚dem Kriegsgott Mars Zugehörige’ verlieh man ihr wegen ihrer Tapferkeit bei der Niederschlagung eines Aufstandes in Britannien; und ‚Gemina’, also ‚die Doppelte’, hieß sie, weil ihre Normalstärke nicht 5.000, sondern 10.000 Mann betrug.
Bald nach der Auffindung des Weihealtars, also noch in den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts, versuchte man am Fundort (knapp vor dem Ostabhang des Königsberges, auf der Kuppe des schmalen, hier beidseits ziemlich stark abfallenden Höhenrückens) ein dem ‚Iupiter Uxlemitanus’ geweihtes ‚keltisch-römisches Höhenheiligtum’ aufzudecken. Die vom Landesmuseum Joanneum (unter Walter Schmid) durchgeführten Grabungen förderten ein von einer ca. 1 m breiten Steinmauer umfriedetes Areal von ca. 50 x 23 m Ausmaßen zutage, das der Ausgräber als ‚Heiligen Bezirk’ interpretierte. Am östlichen Rand dieses ummauerten Areals aber stand das eigentliche ‚Heiligtum’ bzw. der ‚Tempel’ in Form eines einfachen, auf Tuffsteinfundamenten errichteten und mit römischen Dachziegeln gedeckten Holzbaus (mit annähernd trapezförmigem Grundriss von ca. 11 x 10 m Seitenlänge). Im Zentrum dieses Gebäudes befand sich eine Pflasterung, vielleicht die Basis für den Altar, und eine steinumsäumte ‚Opfergrube’ – wohin auch der Altar gestürzt war – mit ‚Gefäß- und Opferresten’. Weitere, z. T. auch außerhalb der Umfassungsmauer am Zufahrtsweg gelegene Gebäude, teils aus Holz, teils aus Stein, deutete Schmid recht phantasievoll als ‚Versammlungsraum der Gläubigen’‚ ‚Aufbewahrungsorte für das Kultgerät und die Opfergaben’, ‚Priesterwohnung’ oder auch ‚Behausung des Tempelhüters’ ... Nüchterner (und wohl auch eher der Realität entsprechend) sieht das Ganze Diether Kramer (1982), der lieber von einer auf dem Königsberg bestehenden „umfangreicheren Siedlung der römischen Kaiserzeit“ ausgehen möchte, „zu der wahrscheinlich auch ein ländliches Heiligtum gehörte.“ Nachdem es seine sakrale Bedeutung verloren hatte, verfiel das Heiligtum wohl allmählich, denn eine gewaltsame Zerstörung fand allem Anschein nicht statt.
Heute ist auf dem Königsberg in Brunn der Grundriss des ‚Heiligen Bezirkes’ mit Steinen angedeutet und zumindest eine Kopie des Weihealtars für ‚Iupiter Uxlemitanus’ (dessen Sujet sogar das Gemeindewappen von Johnsdorf-Brunn ziert!) ist nunmehr auch wieder an seinem ursprünglichen Fundort aufgestellt.


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